Freedom Camping-Tipps für Neuseeland
Tipps zum Traum vom Urlaub in freier Natur: der Mythos Freedom Camping, aktuelle Probleme, Vorschriften und Regeln, wie man die besten Freedom Camping-Plätze findet, das neuseeländische Zertifikat für 'Self-Containment', die Problematik rund ums Freedom Camping und weitere Tipps!
1. Freedom Camping - der Traum von unberührter Natur
Bilder von einsamen Campervans in freier Natur, Übernachten an menschenleeren weissen Stränden, beim Einschlafen die Wellen und den Sternenhimmel betrachten und rechtzeitig zum Sonnenaufgang aufwachen... Freedom Camping in Neuseeland dieser Art ist tatsächlich möglich, aber leider nicht selbstverständlich und einfach zu finden.
Entlang der populären Touristenrouten (siehe Reiserouten) ist selbst Neuseeland zu klein, um diese Erlebnisse allen Besuchern zu ermöglichen. Aber mit einigen Tipps zur Planung bzw. Glück ist das auch heute noch in vielen Gegenden realisierbar.
2. Mythos Freedom Camping
Stimmt, bei idealen Bedingungen gibt es nichts Schöneres als eine kostenlose Nacht im Freien, aber üblicherweise ist der korrekte Begriff eher 'Rough Camping'... Es ist schliesslich keine Verschwörung der Tourismusplaner, dass es an den schönsten Orten Neuseelands Campingplätze mit heissen Duschen, Gemeinschaftsküchen und Spültoiletten gibt.
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- Nach ein paar Tagen wird auch ein grösseres Wohnmobil etwas eng, das Wasser geht vielleicht auch mal aus oder der Tank muss geleert werden.
- Auch im 21. Jahrhundert gibt es keine Steckdosen am Strand und wenn man nicht fährt kann man auch kein Handy aufladen - wie soll man da Fotos sortieren oder Facebook updaten, erst recht wenn es an abgelegenen Orten keinen Empfang hat...?
- Kostenlos übernachten um die Reisekosten im Griff zu halten ist wohl eher eine romantische Überlegung statt Realität, speziell wenn man extra einen teuren ‚self-contained‘ Campervan mietet. Ist es nicht nur ein Vorwand, um ohne schlechtes Gewissen ein superteures abenteuerliches Modell mieten zu können...? Wer für seine Neuseelandreise nur 3 Wochen Zeit hat, wird realistischerweise wohl nur 2-3 Nächte lang die Gelegenheit zum Freedom Camping finden.
3. Aktuelle Probleme rund um’s Freedom Camping
Dass Freedom Camping komplett gratis ist, stimmt genau genommen auch nicht und ist ebenfalls eine Art Mythos. Das Camping ist für die Camper selber gratis, aber Dienstleistungen, die sonst von Unterkunftsanbietern getragen werden, wie WC/Duschen, Wäsche oder Abfallentsorgung, müssen von den oft sehr spärlich besiedelten Gemeinden und ihrer Infrastruktur getragen werden. Das wird bei Tausenden von Campern zu einem Problem, insbesondere wenn ein Prozentsatz davon sich nicht an die Regeln hält.
Die Zeitungen Neuseelands sind seit Jahren voll mit Geschichten, in denen Touristen wild campieren, Lärm veranstalten, unbefugt Feuer machen und anschliessend ihren Abfall zurücklassen, was die lokalen Anwohner ziemlich verärgert. Einfacher Abfall ist dabei das kleinste Problem, leider führt insbesondere das regelmässige Urinieren zu sichtbaren - und auch riechbaren - Folgen, und das in den schönsten Plätzen des Landes. Exkremente werden ebensowenig vergraben, zurückgelassenes Toilettenpapier häuft sich gleichfalls an: nicht gerade '100% Pure New Zealand' für alle folgenden Naturliebhaber. Die Anwohner der beliebtesten Regionen bezahlen den Preis dafür mit ihrer Gemeindesteuer und sind berechtigterweise verärgert.
Da auch die Kiwis seit Jahrzehnten gerne und gut organisiert Freedom Camping machen, leidet besonders der neuseeländische Campervan-Club unter den Folgen immer weiterer Schliessungen von Plätzen. Seine Mitglieder müssen von Haus aus für das freie Camping gut ausgerüstet und zertifiziert sein, sie haben zur Problematik folglich kaum beigetragen. Der weitere Schritt in diesem Schachspiel ist nun, dass die meisten Distrikte das Freedom Camping nur noch zulassen, wenn ein Fahrzeug den Vorgaben des Campervan-Clubs entspricht - was wiederum für die vielen an sich sauberen Touristen in kleineren Backpacker-Vans zu einem grösseren Hindernis werden kann. Des Weiteren hat der Campervan-Club entschieden, dass er nur noch permanent in Neuseeland wohnhafte Mitglieder akzeptiert. In den Medien werden vor allem Backpacker negativ dargestellt, die Neuseeland mit Fahrzeugen bereisen, die keine Toilette haben, aber in denen sie dennoch schlafen können.
Eine weitere traurige Problematik ist, dass in der Vergangenheit Touristen in abgelegenen Plätzen überfallen, bestohlen oder belästigt wurden. Dies ist extrem selten und kann in allen Gegenden passieren, es empfiehlt sich trotzdem diese Gefahr nicht einfach zu ignorieren und Sicherheitsüberlegungen anzustellen.
- Plätze mit mehreren Fahrzeugen sind ganz einsamen Orten wohl zu bevorzugen.
- Parkplätze in Stadtzentren sind an Wochenenden eher Störungen ausgesetzt.
- Man sollte den Campervan immer so parken, dass man bei Belästigungen direkt losfahren kann.
- Nachts das Fahrzeug abschliessen und ein Handy dabei haben.
4. Vorschriften und Regeln
Jede Gemeinde kann individuelle Regeln zur Beschränkung des Freedom Campings erlassen (diese heissen in Neuseeland 'Bylaws' und basieren auf dem 'Freedom Camping Law' von 2011), wo es in Vergangenheit Probleme gab ist dies auch oft der Fall. Beispiele von solchen Regeln sind: 'Freies Camping ist auf allen Gemeinde-Parkplätzen mit Toiletten erlaubt'; 'Maximale Aufenthaltsdauer 3 Nächte'; 'Beschränkung auf 5 Fahrzeuge innerhalb von 100 Metern zu einer Toilette'; 'Freies Campieren nur zwischen 1. März und 31. Oktober' etc.
Der Begriff Freedom Camping wird oft synonym mit dem Zertifikat für 'Self-Containment' verwendet ('New Zealand Standard Self-Containment of Motor Caravans and Caravans'). Freies Campieren heisst deshalb noch lange nicht, dass auch Zelten oder Übernachten in einem normalen Auto erlaubt sind, normalerweise dürfen nur Fahrzeuge mit einem aktuellen gültigen Self-Containment-Kleber UND -Karte an solchen Orten verbleiben.
Die Regeln sind mittlerweile ziemlich kompliziert geworden, grob gesagt sollte ein Fahrzeug fähig sein, seine Passagiere drei Tage lang sauber und unabhängig von Wasser und Abwasser zu beherbergen. Das Zertifikat wird für Mitglieder der New Zealand Motor Caravan Association kostenlos ausgestellt, als Nichtmitglied wendet man sich am besten an zertifizierte Sanitärfachleute, die diese Prüfung vornehmen dürfen, oder an lokale Campervan-Reparatur- und Verkaufsstellen.
Die Regeln verlangen u.a. folgendes:
- 4 Liter Frischwasser pro Person und Tag (für 3 Tage)
- 1 Liter Toilettenkapazität pro Person und Tag
- 4 Liter Abwassertankkapazität pro Person und Tag
- Ein schliessbarer Abfalleimer
- Ein geruchsneutrales Spülbecken in den Abwassertank
Abwasser darf nur in speziellen Stationen (Dump Stations) entsorgt werden, das gilt auch für das Abwasch- und Duschwasser (offenbar können sich in Tanks gefährliche Bakterien bilden, so dass auch DOC diese Regel für seine Parks adoptiert hat). Es macht natürlich Sinn, dass neben einem See oder Fluss die Shampoos und Reiniger von Hunderten Besuchern nicht einfach abfliessen sollen.
Campervan-Toiletten sind voller Chemikalien, so dass diese ebenfalls in Dump Stations entsorgt werden müssen - leert man den Inhalt in eine normale Toilette mit ökologischer Entsorgung, kann das die notwendigen Bakterien im System zerstören.
Für typische kleinere Backpackervans gibt es noch Hoffnung, indem mobile Lösungen für Tanks und Toiletten eingesetzt werden - ob das aber wirklich klappt ist vielleicht davon abhängig, wie wohlgesonnen ein Inspektor ist. Schliesslich sollte eine Toilette im Fahrzeug auch problemlos verwendbar sein. Die Zertifizierung von Grund auf für ein Fahrzeug zu erreichen kann leicht die ersten zwei Wochen einer Reise in Anspruch nehmen, und einiges an Geld verschlingen!
Bloss ein Fahrzeug mit einem alten Kleber zu kaufen ist keine gute Lösung mehr, das Zertifikat erlöscht nach 4 Jahren und je nach Region kennen die Inspektoren mittlerweile keine Gnade mehr bei solchen Ausreden und die Strafgebühren können Hunderte von Dollars betragen.
Nicht in allen abgelegenen Gegenden gibt es Inspektoren und Polizeikontrollen, aber wer erwischt wird, muss mit einer solchen Busse rechnen. Wer Glück hat, wird einfach des Weges verwiesen, auch nicht ideal mitten in der Nacht. Auch wenn man sich nur auf eine Nacht im falschen Platz vorbereitet kann man eine Sofortbusse von $200 aufgebrummt bekommen, wenn man sich den Inspektoren widersetzt kann das bis auf $5000 steigen. Am Höchsten ist die Busse wenn man ganz grobe Verstösse begeht wie z.B. den Toiletten-Abwassertank auf öffentlichem Grund zu leeren. Wer nicht bezahlt kann von der Abreise behindert werden.
Sowohl die Distrikte als auch die Regierung installieren laufend neue öffentliche Toiletten, so dass sich die Situation langfristig verbessern sollte.
5. Tipps zum Finden von Freedom Camping-Plätzen
- Je ferner von den üblichen Reiserouten, desto lockerer sind die Regeln und desto mehr Platz hat es noch übrig.
- Ausserhalb der Hauptsaison zu reisen macht alles einfacher - von Mitte Dezember bis Ende Februar sind die besten Freedom Camping-Plätze wohl belegt.
- Oft sind die Parkplätze limitiert - je früher man vor Ort ist, desto grösser sind die Chancen, einen super Abstellplatz zu finden. Und desto länger hat man Zeit, den Platz auch zu geniessen!
Da die Vorschriften in jedem Distrikt anders sind sollte man etwas Zeit investieren, um die besten Chancen frühzeitig auszuloten. Es macht wenig Sinn, abends in einem Touristenort wie Whitianga einzufahren und kurzfristig nach einem traumhaften Strandplatz zu suchen. Da viele Distrikte nach wie vor das freie Campieren nahe einer Toilette erlauben gibt es noch viele Möglichkeiten zum Übernachten in Zelten oder Autos, es braucht einfach mehr Planung.
- Die Distrikte wie auch jede Stadt haben alle eine eigene Webseite, in denen mehr oder weniger ausführlich auf Freedom Camping-Möglichkeiten eingegangen wird. Siehe unsere Liste zu den Distrikten Neuseelands.
- Wer nicht frühzeitig planen kann sollte mindestens versuchen, vor Betriebsschluss (oft 17h) bei einem i-SITE (offzielles Informationszentrum) reinzuschauen um nach Optionen zu fragen. Es empfiehlt sich deshalb, im Handy eine Bookmark zu setzen bzw. eine Liste mit den aktuellen Besucher-Informationszentren und ihren Adressen und Öffnungszeiten auszudrucken.
- Alle Regionen haben zudem dedizierte Tourismus-Webseiten mit Informationen (siehe in unseren Regionenbeschreibungen für Links). Einige bieten spezielle Camping-Broschüren zum Download, auch regionale detaillierte Landkarten helfen sehr beim Auffinden von schönen Plätzen.
- Es gibt diverse Apps, die alle Campingplätze Neuseelands und beschränkt auch kostenlose Parkmöglichkeiten auflisten. Wenn an einem Ort oder Parkplatz Toiletten angezeigt werden, dann ist je nach Region die Chance grösser, dass es auch ein Freedom-Campingplatz sein könnte. Es gibt aber auch bereits Apps die in Echtzeit über die Belegung von Freedom-Campingplätzen Auskunft geben und dann auf Alternativen verweisen, finanziert von der neuseeländischen Regierung. Siehe unsere Empfehlungen für Reise-Apps.
- Viele Clubs, Pubs, Restaurants, Backpackers und Hotels heissen Campervans auf ihren Parkplätzen willkommen, vielleicht mit einer Gebühr (oft nur für die Duschen), in der Hoffnung, dass diese in ihren Restaurants essen und frühstücken mögen. Diese sind in der Regel auch in den Reise-Apps aufgelistet.
- Hunderte von Campingplätzen auch in touristischen Regionen stehen speziell für zertifizierte Campervans und Wohnmobile offen, ab und zu gegen eine kleine Gebühr und sogar mit Steckdosen.
- Die weniger touristischen Gebiete kommen oft zum Schluss, dass Freedom Camper durchaus gut für die Gegend sind, da diese die lokale Wirtschaft unterstützen. Eine vom Campervan-Club gestartete Webseite bietet diesen die Möglichkeit, sich als 'motorhome friendly towns' zu präsentieren, siehe www.mhftowns.com.
- Der Campervan-Club operiert nur für seine Mitglieder ein Netz von eigenen Parkplätzen und Übernachtungsmöglichkeiten auf speziellen Grundstücken (POP genannt - Park over Property, oft bei anderen Clubmitgliedern), gegen sehr geringe Gebühren. Ob sich eine Mitgliedschaft für eine Neuseelandreise lohnt ist fraglich, weil die einmalige Grundgebühr ziemlich hoch ist. Siehe auf der NZMCA-Webseite.
- Es macht Sinn, nach neuen spezialisierten Reiseführern zu suchen, doch derzeit ändern sich die Regeln wegen der aktuellen Diskussionen noch oft.
6. Alternativen zum Freedom Camping
Je nach Gegend ist die Lösung einfach: die schönsten Campingplätze Neuseelands werden vom Department of Conservation (DOC) betrieben, zu günstigsten Preisen (in der Regel 6 NZD pro Person), mit Toiletten und fliessendem Wasser. Es lohnt sich eine der DOC-Landkarten mit den ca. 200 DOC-Campgrounds mit dabei zu haben. Sie haben praktisch immer noch einen Platz frei, weil es selten geordnete Stellplätze gibt. Nur die wenigsten sind limitiert oder zur Hauptsaison gestopft voll. DOC verwaltet die geschützten Parks des Landes, wo keine kommerziellen Campingplätze operieren dürfen, anderswo sind die DOC-Plätze natürlich rar. Siehe die DOC-Webseite unter www.doc.govt.nz/campsites.
Viele der kommerziellen Campingplätze und Holiday Parks liegen an den schönsten Stränden und Seen, währenddem Gratis-Parkmöglichkeiten oft auf Parkplätzen oder im Landesinneren liegen. So zwischen 10 und 30 NZD pro Person bezahlt man nicht nur für Infrastruktur, Abfallentsorgung, Sicherheit etc., sondern auch für das Privileg, diese Traumplätze geniessen zu dürfen - und für schöne Erinnerungen ist man schliesslich in Neuseeland!
Einige Distrikte besitzen eine eigene Kette von Zeltplätzen, so zum Beispiel die Regional Parks in Auckland oder die 'Summer Campgrounds' am East Cape, etc., zu günstigen Preisen an den schönsten Plätzen, oft mit Toiletten und auch für nichtzertifizierte Camper geeignet.
7. Unsere Tipps zum Freedom Camping in Kürze
- Wenn möglich ein Fahrzeug mit dem Zertifikat für 'Self-Containment' mieten oder kaufen.
- Ansonsten nur auf bewilligten Plätzen mit Toiletten übernachten.
- Nie Abfall zurücklassen.
- Abwasser in die offiziellen Dump Stations leiten - Strafen können teuer werden.
- Immer eine Toilette verwenden.
- Beim Wechseln in einen neuen Distrikt dessen Tourismus-Webseite für Freedom Camping-Tipps konsultieren - jede Region interpretiert die Regeln auf andere Weise!
- Anwohner und andere Camper nicht verärgern.
- Keine Feuer, diese sind so gut wie überall verboten.
Siehe unsere Tipps zur Miete von Campervans und Wohnmobilen und für weitere Alternativen Transport in Neuseeland.
Das Ende der billigen Backpackervans naht!
Die alten blauen Aufkleber werden nicht mehr beweisen, dass ein Fahrzeug 'self-contained' ist. Alle Wohnmobile müssen eine permanente Toilette haben, die in das Fahrzeug eingebaut ist, um die Zertifizierung zu bestehen. Auch die Bussgelder werden drastisch erhöht und die Durchsetzung des Gesetzes verstärkt werden.
Seit Mitte 2024 sind neue und strenge Änderungen im Freedom Camping-Gesetz in Kraft!
Gültige Aufkleber für das Self-Containment können bis zum 7. Juni 2025 weiterhin für das Freedom Camping verwendet werden. Ab diesem Datum müssen alle Fahrzeuge gemäss den neuen Anforderungen mit einem grünen Genehmigungsschein neu zertifiziert werden.
Die neuen strengeren Standards decken eine Reihe von Systemen in einem Fahrzeug ab: eine fest installierte Toilette (chemisch oder wasserlos), Wasserversorgung, Abwasser, Befüllen mit Frischwasser und Entladen mit Abwasser, Belüftung und sichere Müllaufbewahrung. Solche Genehmigungen können nur von zertifizierten Klempnern und Gasinstallateuren ausgestellt werden und kosten 120 Dollar.
Verstösse gegen die Vorschriften zum Freedom Camping werden in den meisten Fällen mit einer Geldstrafe von etwa $400 geahndet, aber je nach den Umständen kann die Geldstrafe bis zu $1'200 betragen! Sogar die Vorbereitungen für ein illegales freies Campen werden mit der gleichen Strafe geahndet wie eine ganze Nacht. Es kann zudem sein, dass man Neuseeland nicht verlassen darf, bis man eine ausstehende Geldstrafen bezahlt hat.
Freedom Camping in Neuseeland ist immer noch möglich, aber zu einem deutlich höheren Preis...